08. Dezember 2004

Behördliche Unterstützung für Terroristen


Deutschland ist schon ein merkwürdiges Land, d.H. vielmehr die Menschen, die es regieren und verwalten und letztlich auch die, die sich so einen Unsinn gefallen lassen.
Doch worum geht es eigentlich?
Aufgrund der Terroranschläge vom 11. September in New York bricht hier in Deutschland die blanke Hysterie aus. Man bemerke: Nicht in den USA, sondern in Deutschland!
 
ED-R_3

Das völlig überflüssige Luftsperrgebiet ED-R 3 um das Atomkraftwerk „Geesthacht“ bei Hamburg.

© Copyright by Jeppesen

Nun, man hat sich in den deutschen Behörden Gedanken gemacht, was man gegen solche Terroranschläge präventiv machen könne. Und dabei sind – neben einigem anderen Unfug – das neue Luftsicherheitsgesetz und Lufträume um AKWs herausgekommen. Beleuchten wir doch mal die neuen Lufträume näher, die – völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit – überall in Deutschland um die entsprechenden AKWs errichtet wurden. Sie können sich vorstellen, dass das sicher nicht ohne erhebliche finanzielle Mittel geht, die wir z.B. bei den Kindergärten oder den Schulen sicher besser gebrauchen könnten.


Für die Leser, die über die Luftfahrt nichts wissen, sei hier kurz der Zusammenhang dargelegt:
Für einen geordneten Luftverkehr ist es notwendig den Luftraum in verschiede Arten zu unterteilen. So gibt es beispielsweise den unkontrollierten Luftraum, in dem der Pilot nach eigenem Ermessen und (wie immer) in eigener Verantwortung fliegt. Hier ist z.B. kein Funk vorgeschrieben, doch stehen häufig Informationsdienste per Funk zur Verfügung. Es gibt auch den so genannten kontrollierten Luftraum, wo ein Lotse für einen freien Flugweg sorgt, wenn keine Sicht aus dem Cockpit möglich ist. Diese sind dann in weitere Arten unterteilt, in denen jeweils unterschiedliche Grenzwerte für Abstände, Sichtenweiten, Geschwindigkeiten und Mindestausrüstungen der Luftfahrzeuge (LFZ) bestehen.

Neben den 'normalen' Lufträumen, die in Klassen von A bis G eingeteilt sind, gibt es noch verschiedene Lufträume mit Beschränkungen und/oder Gefahren. Diese Lufträume werden mit Bezeichnungen ED-R und ED-D zuzüglich einer Nummer gekennzeichnet (ED-R = Europa, Deutschland, Restricted – D = Danger). So gibt es in Putlos, wo man Flugabwehr schießt, eine ED-R 10B und eine dahinter angeordnete ED-D 19A. Die ED-R unterliegt Einflugbeschränkungen, d.H. sie darf in der Regel nicht beflogen werden, wenn sie aktiv ist. Eine ED-D darf im Prinzip beflogen werden, sollte man sich aber verkneifen.


Und nun wird es interessant:


In Deutschland wurden um alle Kernkraftwerke runde, zylinderförmige Lufträume eingerichtet, die etwa 3 bis 4 km im Durchmesser haben, und etwa 670 m in die Höhe gehen. Diese Lufträume sind immer aktiv und ein Einflug ist eine Straftat, also man kann sich eine Vorstrafe zuziehen. Sie wurden angeblich eingerichtet um die Kraftwerke vor Terrorattacken in der Machart des 11. September zu schützen. Doch betrachten wir es mal genauer:
ede71f5f0e

Ein Airbus A340-200 benötigt für die Penetration nur 7 – eine 2-sitzige Cessna 152 nur 41 Sekunden. Ein Alarmstart der Jagdflugzeuge benötigt aber 8 Minuten!

Ein Airbus A340-200 hat eine Reisegeschwindigkeit von 940 km/h. Er benötigt also Rand bis zum Zentrum eines 4 km grossen Luftraumes ca. 7 Sekunden! Welche Abwehrmassnahmen sollen denn in 7 Sekunden getroffen werden?
Okay, okay, es gibt auch noch langsamere Flugzeuge: Nehmen wir eine Cessna 152. Die hat eine Reisegeschwindigkeit von 95 Knoten, das sind 95 nautische Meilen pro Stunde, also 176 km/h. Dieses wohl langsamste Reiseflugzeug am Himmel – nichts gegen Cessna-Flugzeuge, es sind tolle Flieger – braucht für einen Einflug bis zum Zentrum ca. 41 Sekunden.

Nun meine Frage:
Welche Abwehrmassnahmen wollen die Verantwortlichen in 41 Sekunden unternehmen? Wie lange dauert ein Alarmstart eines Jägers? Die Bundeswehr gibt einen Alarmstart mit 15 Minuten an, tatsächlich schafft es das Personal in 8 Minuten. Also, wenn die Phantom nach dem Start ihr Fahrwerk "einsammelt", ist das Attentat bereits seit 7 Minuten vorbei.

Siehe auch unter: www.bundeswehr.de/aktuelles/ministerreise2003/030819_tag9.php

Lieber Leser, Sie können sich nun vorstellen wie überflüssig diese Lufträume sind. Sie können sich auch vorstellen, dass diese Massnahme bestimmt nicht billig war.


Aber jetzt kommt erst die Pointe:


NfL I 159/03

Ausschnitt aus den NfL I 159/03 (Nachrichten für Luftfahrer), herausgegeben am 12. Juni 2003 von der Deutschen Flugsicherung GmbH, welche für jedermann zugänglich sein müssen.

© Copyright by Deutsche Flugsicherung GmbH, DFS

Alle diese Lufträume müssen mit ihren Koordinaten veröffentlicht sein. Damit stehen den Terroristen in aller Welt nun – dank der "klugen Fachleute" in unseren Behörden – die GPS-Koordinaten unserer Kernkraftwerke frei Haus zur Verfügung. Ist das nicht klasse? (Natürlich weiss ich, dass AKWs auch vorher schon in Luftfahrkarten eingetragen waren und sind. Bisher jedoch nicht mit dieser GPS-Genauigkeit, wie sie es jetzt sind.)

Die Koordinaten für das AKW Geesthacht sind also: 53°24'25" Nord und 10°25'10" Ost (Siehe Bild rechts.)
Danke sehr!

(Kann mir bitte jemand mal die Definition von 'dumm' oder 'Dummheit' zusenden?)

Gedankenexperiment:
Wir kaufen uns ein Flugzeug ohne Zulassung (billig) oder einen Bausatz. Wir rüsten es mit großen Zusatztanks und einer gehörigen Portion Sprengstoff aus. Wir kaufen weiterhin ein popeliges GPS mit einem seriellen Ausgang, bekommt man schon für ca. 200 Euro. Dazu brauchen wir noch einen kleinen Ein-Platinen Computer, als Bausatz bei Conrad für etwa 25 Euro zu haben. Nun basteln wir noch ein wenig, verbinden das GPS mit dem Rechner, den Rechner mit dem Eingang des Flugreglers (Autopilot), ein wenig Zeilen Programm-Code, und schon ist unser Flugzeug in der Lage alleine zu starten und bis zum Ziel alleine zu fliegen. Technisch für einen versierten Bastler wirklich kein Problem. Und nicht wirklich teuer.

Ich würde es ja gerne mit einem Modellflugzeug und Farbbeuteln demonstrieren. Allerdings würde ich mich wegen Einflugs in ein Luftsperrgebiet strafbar machen. Außerdem kämen Sachbeschädigung, diverse Luftraumverletzungen und einiges mehr dazu. Nein Danke.

Aber merken Sie, wie absurd das Ganze ist?


Noch ein Detail von einem aufmerksamen Leser: Die Kraftwerksbetreiber versichern uns doch seit Jahrzehnten, dass „unsere“ Kernkraftwerke SICHER sind – dass beispielsweise der Stahlbeton-Mantel um den Reaktor selbst dem Einschlag eines Verkehrsflugzeuges widerstehen würde. Wenn das wahr ist, wozu dann Sperrgebiete?


Text: © Gerhard A. E. Uhlhorn, Olenland 96, 22415 Hamburg, Germany
Bilder: © Jeppesen, © Gerhard A. E. Uhlhorn